Commitment in Projekten – wie Sie Projektbeteiligte als Verbündete gewinnen
Im letzten Beitrag der Serie «Xperts in Projektmanagement» wurden die entscheidenden Schlüsselfaktoren für den Projekterfolg identifiziert. In diesem Beitrag werden wir nun auf den Faktor Commitment detaillierter eingehen.
Ein Projekt kann nur dann erfolgreich durchgeführt werden, wenn die Stakeholder und die betroffenen Mitarbeitenden gegenüber dem Projekt ein hohes Commitment aufweisen. Unsere Erfahrungswerte und auch empirische Untersuchungen belegen, dass 70% bis 80% der Betroffenen sich gegenüber dem Projekt selbstverpflichtet fühlen und sich voll und ganz für den Projekterfolg engagieren müssen, damit ein Projekt erfolgreich sein kann. Der Einbezug der Wünsche und der Erwartungen der Stakeholder und der betroffenen Mitarbeitenden stellt damit einen wesentlichen Erfolgsfaktor dar, um die Akzeptanz in Bezug auf das Projekt zu steigern.
Es ist deshalb von zentraler Bedeutung für die Projektleitung, sowohl bei der Projektinitialisierung als auch während des gesamten Projektverlaufs, einen Blick auf das Umfeld zu werfen und zu untersuchen, wo Unterstützung oder Widerstand zu erwarten ist. Die Haltungen können generell wie in unterstehender Graphik eingeordnet werden:
Abbildung 1: Mitspieler und Gegenspieler eines Veränderungsvorhabens nach Block, P. (1989)
- Gleichgesinnte
Gleichgesinnte teilen den grössten Teil meiner Auffassungen mit mir, können mir jedoch nicht voll vertrauen und sich ganz auf meine Seite stellen.
- Verbündete
Verbündete haben eine hohe Übereinstimmung mit mir bzw. sind einer Meinung mit mir. Sie haben zudem grosses Vertrauen in mich und meine Aktivitäten.
- Gegner
Gegner haben eine niedrige Übereinstimmung mit mir und sind anderer oder sogar gegenteiliger Meinung. Sie haben wenig Vertrauen zu mir und sind allenfalls Feinde, welche aktiv Widerstand leisten.
- Opponenten
Opponenten denken anders oder sogar gegensätzlich und haben eine niedrige Übereinstimmung mit mir. Das Vertrauen und der Respekt mir gegenüber sind dagegen hoch. Durch diese Haltung können sie gleichzeitig für mich oder gegen mich handeln, was eine gewisse Herausforderung birgt.
- Unentschiedene / Abwartende
Unentschiedene / Abwartende nehmen eine Zwischenposition ein. Sie können einerseits für meine Haltung gewonnen werden, wodurch die inhaltliche Übereinstimmung erhöht werden kann. Durch zusätzlichen und gezielten Aufbau des Vertrauens können sie sogar zu Verbündeten entwickelt werden. In dieser Gruppe befinden sich auch Uninteressierte, Desinformierte und allenfalls sogar bewusst neutral handelnde Menschen. Unter den genannten Personen können sich auch Opportunisten befinden, welche sich auf die Seite der Mehrheit bzw. der wahrscheinlichen Gewinner schlagen werden.
Gibt es in einem Projekt zu viele Gegner und Opponenten hat dies verschiedene negative Folgen, welche sich in Form von aktiven und passiven Widerständen äussern können:
- Aktive Widerstände
Aktive Widerstände äussern sich typischerweise in Form offen geäusserter Kritik / Beschwerde, offenem Widerspruch und offenen Aktivitäten, die sich gegen ein Projekt richten. Dieser Art von Widerstand liegen normalerweise rationale Ursachen zugrunde. Da diese Form meistens konstruktiv ist, ist mittels direkter Ansprache der Betroffenen eine Lösungsfindung möglich.
- Passive Widerstände
Passive Widerstände äussern sich in verschiedensten Ausprägungen wie beispielsweise in Form von fehlender Motivation, Abwesenheiten, Kündigungen und Ineffizienzen. Personen, die verdeckten Widerstand ausüben, haben üblicherweise kein Interesse daran, erkannt zu werden – sei dies aus persönlichen oder taktischen Gründen – was den Umgang mit diesen Widerständen wesentlich erschwert.
Um diesen Widerständen proaktiv entgegen zu wirken haben sich in der Praxis vier Handlungsempfehlungen bewährt:
Schaffen Sie Vertrauen – pflegen Sie Beziehungen zu Stakeholdern
Vertrauen ist die erste Voraussetzung dafür, dass Commitment entstehen kann. Gute Beziehungen zu Stakeholdern bilden die Grundlage für die Überwindung von Widerständen: Stellen Sie daher aktiven Kontakt zu allen relevanten Anspruchsgruppen her und pflegen Sie diese Beziehungen sorgfältig und kontinuierlich.
Nutzen Sie Kritik konstruktiv.
Nehmen Sie die Kritik der Opponenten ernst. Klären und diskutieren Sie die unterschiedlichen Positionen im Projekt offen und versuchen Sie die Kritik konstruktiv zu nutzen. So können Sie von den Differenzen profitieren und in der Diskussion allenfalls noch weitere Übereinstimmungen aufdecken.
Erkennen Sie Widerstände und Ängste und versuchen Sie diese frühzeitig abzubauen.
Entwickeln Sie ein Gespür für die Beteiligten, beobachten Sie Auffälligkeiten und gehen Sie proaktiv auf die Personen zu, damit sich Ängste und Widerstand nicht aufstauen können. Untersuchen Sie, weshalb die Betroffenen mit Widerstand reagieren: Fehlendes Wissen, fehlende Fähigkeiten oder fehlende Erlaubnis sind häufige Ursachen für Widerstände. Bieten Sie zudem eine Anlaufstelle zur Platzierung von Fragen und Ängsten.
Schaffen Sie Transparenz im Projekt
Stellen Sie sicher, dass alle Stakeholder über die Ziele und den Inhalt des Projektes frühzeitig und gründlich informiert sind. Machen Sie Projektabweichungen (Termin- und Kostenabweichungen), Änderungen sowie deren Ursachen transparent.
Insbesondere bei einer klassischen Projektorganisation ist die Beziehungspflege von grosser Bedeutung, da die Auftraggeber und Entscheidungsträger oftmals nicht so stark im Projekt eingebunden sind und formell lediglich am Projektausschuss informiert werden. Für den Informationsfluss zwischen den Projektausschuss-Meetings sind deshalb bilaterale Gespräche nötig. In agilen Projekten sind alle Stakeholder durch die regelmässigen Sprintreviews stärker im Projekt eingebunden und werden über Sprintresultate und Projektstand informiert. Auch das Erkennen der Ängste kann im agilen Modus einfacher sein. Während in klassischen Projektorganisationen die Ängste hauptsächlich innerhalb von Workshops identifiziert werden müssen, stehen in der agilen Methode zum einen die Reviews und Retrospektiven zur Verfügung, zum anderen ist an den Daily Meetings die Stimmungsaufnahme der Projektmitarbeiter möglich. Wichtig dabei ist immer, dass wahrgenommene Ängste im Rahmen eines bilateralen Gespräches besprochen werden.
Werden diese Handlungsempfehlungen berücksichtigt, können Beteiligte mit tiefem Commitment oder einer abwartenden Haltung zu Gleichgesinnten gemacht werden. Denn wenn Kritik konstruktiv genutzt wird, Ängste frühzeitig abgebaut werden und durch Transparenz das Vertrauen wachsen kann, vergrössert sich auch die inhaltliche Übereinstimmung und somit das Commitment.
Mit der Schaffung eines Commitments aller Beteiligten haben Sie bereits den ersten Schritt zu einem erfolgreichen Projekt gemeistert. Im nächsten Beitrag der Serie «Xperts in Projektmanagement» wird die Thematik Change-Management genauer beleuchtet und spannende Insights geboten. Folgen Sie uns jetzt auf LinkedIn und verpassen Sie keinen Beitrag darüber!
v.l.n.r.: Corinne Maurer (Partner), Nicole Steiner (Consultant), Charlotte Bachmann (Senior Technical Consultant),
Martina Auf der Maur (Mitarbeiterin Administration), Regula Roth (Consultant)