Let’s talk about! Face-to-Face-Kommunikation als Schlüsselkompetenz im agilen Projektmanagement
Im vorangehenden Beitrag der Serie «Xperts in Projektmanagement» sind wir auf die Bedeutung der Projektorganisation und der verschiedenen Rollen im Projektteam eingegangen. In diesem Beitrag beleuchten wir das Projektteam noch genauer und beantworten die Frage, welche Kompetenzen in einem Team gefragt sind, um Projekte im agilen Projektmanagement-Kontext erfolgreich abzuwickeln.
«Selbstorganisation im Team» als zentrales Prinzip in der Zusammenarbeit in agilen Projektteams
Im Gegensatz zu den klassischen Projektmanagement-Methoden, in welchen der Projektleiter das Vorgehen in einem Projekt vorgibt und das Projektteam nach diesen Vorgaben die Arbeit ausführen lässt, wird im agilen Ansatz, wie in der gängigsten Methode nach Scrum, das Prinzip der «Selbstorganisation im Team» als einer der zentralen Prinzipien postuliert. «Selbstorganisation im Team» bedeutet, dass das Umsetzungsteam unabhängig vom Product Owner, der die Verantwortung für das Produkt trägt, entscheidet, auf welchem Weg, mit welchen Arbeitsmitteln und -methoden es zu seinem Ziel, sprich zum auslieferbaren Produkt, kommen will.
Das Prinzip der «Selbstorganisation im Team» ist als Abwendung von der «Command and Control»-Vorgehensweise (Mikromanagement) zu verstehen, wie sie zumeist im klassischen Projektmanagement vorzufinden ist. Es geht im agilen Ansatz mehr um Fördern statt Managen, d.h. dem agilen Team wird «freie Hand» in der Projektabwicklung gelassen. Dies stellt eine grosse Herausforderung für den Product Owner dar, der das Produkt schliesslich vor dem Auftraggeber verantworten muss. Agiles Projektmanagement funktioniert somit nur dann, wenn der Product Owner volles Vertrauen dem Umsetzungsteam und seinen Fähigkeiten entgegenbringen kann.
Das Prinzip der «Selbstorganisation im Team» stellt aber nicht nur hohe Ansprüche an den Product Owner sondern auch an die Mitglieder des Umsetzungsteams selbst. Selbstorganisation fordert eine offene Teamkultur. Es braucht von jedem Mitglied Transparenz bezüglich seiner eigenen Arbeitsweisen, seines Wissens, seiner Fertigkeiten und Kompetenzen. Hier besteht im Gegensatz zu den klassischen Projektmanagement-Methoden, bei welchen der Projektleiter den Ausführungsprozess steuert und kontrolliert, die Gefahr des Gesichtsverlusts, insbesondere in wettbewerbsorientierten Organisationsstrukturen.
Die Übertragung der Verantwortung bezüglich des Ausführungsprozesses im agilen Ansatz an die Teammitglieder kann daher Phänomene wie Verantwortungsdiffusion oder Trittbrettfahren zu Tage bringen. Im klassischen Ansatz können solche Phänomene durch die Bündelung der Prozessverantwortung auf den Projektleiter stärker reguliert werden.
Warum also agil in Projekten verfahren, wenn die «Selbstorganisation im Team» doch einiges an Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit sich bringt?
Klar ist, dass sich klassische Projektmanagement-Methoden aufgrund ihrer Vorgaben, Strukturen und gebündelten Verantwortlichkeiten einfacher im Betrieb umsetzen lassen als agile. Agiles Projektmanagement ist sowohl als Methode als auch als Kultur zu verstehen. Es muss daher zuerst der Grundgedanke agil gesät werden, was Zeit braucht, bevor agiles Projektmanagement vollumfänglich gelebt werden kann und die Vorteile selbstorganisierender Projektteams zu tragen kommen. Selbstorganisierende Teams profitieren davon, ihr Wissen regelmässig auszutauschen und zu erweitern, was den Wissenstransfer und -erhalt im Unternehmen unterstützt. Selbstregulation bedeutet auch eine Erweiterung an Handlungs- und Entscheidungsspielräumen. Die Arbeit wird dadurch angereichert, ganzheitlicher und spannender. Dies kann wiederum förderlich für die Motivation und schlussendlich für die Qualität des Produkts sein.
Face-to-Face-Kommunikation als Basis für die «Selbstorganisation im Team»
«Selbstorganisation im Team» wird nur durch eine gut funktionierende Kommunikation getragen. Durch die stetig wachsende Komplexität in Projekten wird eine effiziente Kommunikation zudem essentieller. Im Zeitalter der Digitalisierung und Berufe mit erhöhter Mobilität (u.a. Homeoffice) geht die direkte Kommunikation, im Sinne von Face-to-Face-Kommunikation häufig unter. Der schriftliche Weg wird bevorzugt, da dieser im ersten Moment als einfacher, schneller und angenehmer empfunden wird. Dies wird häufig im klassischen Projektmanagement beobachtet. Die Face-to-Face-Kommunikation bleibt jedoch unumstritten die effektivste Möglichkeit sich richtig zu verstehen, da neben der verbalen auch die nonverbale Kommunikation ausgeschöpft werden kann, Verständnisfragen und Missverständnisse unmittelbar geklärt werden können. Im direkten Kontakt wird auch die Zugehörigkeit zum eigenen Team und der gemeinsame Teamgedanke gestärkt, was zentrale Merkmale erfolgreicher Teams sind. Im agilen Projektmanagement nach Scrum sind daher tägliche kurze Treffen vorgesehen, bei denen im Team reflektiert wird, wo das Team steht, welche Schwierigkeiten es gibt und welche Aufgaben anstehen. Die Kommunikation ist dadurch gegenüber dem klassischen Ansatz, bei welchem sich der direkte Kontakt im Team zumeist auf «grosse Treffen» beschränkt, unmittelbarer, vorzeitig einlenkender und dadurch zielführender. Dies bedingt jedoch einen gemeinsamen Standort und hohe Kommunikationskompetenzen jedes einzelnen Teammitglieds.
Bevor Sie sich also entscheiden, wie Sie in einem Projekt unterwegs sein wollen, sprich klassisch oder agil, müssen Sie neben der Klärung der Projektorganisation und der genauen Festlegung der Rollen im Team auch die Kommunikationskompetenzen der Teammitglieder genauer unter die Lupe nehmen.
Spielen Sie mit dem Gedanken agiles Projektmanagement einzuführen? Der Projekterfolg wird sich im agilen Projektmanagement nicht einsetzen, wenn dessen Schlüsselkompetenz «Face-to-Face-Kommunikation» als Basis für die «Selbstorganisation im Team» ausser Acht gelassen wird. Agiles Projektmanagement fördert schnelles Agieren in Projekten und raschen Wissenstransfer, fordert aber auch von dessen Mitgliedern, aktiv zu kommunizieren um das Steuer im Projekt selbst an die Hand zu nehmen. Diese Kompetenzen gilt es zu stärken.
Das Erkennen der Kompetenzen im Projektteam hilft auch dabei, die passende Projektmethode zu finden. Mit den verschiedenen Methoden im klassischen und agilen Projektmanagement werden wir uns in unserem nächsten Blogbeitrag befassen.
v.l.n.r.: Nicole Steiner (Consultant), Charlotte Bachmann (Senior Technical Consultant), Romy Schnyder (Projektleiter), Regula Roth (Consultant), Martina Auf der Maur (Mitarbeiterin Administration), Corinne Maurer (Partner)