Agiles Projektmanagement: Neu gewonnene Beweglichkeit oder überdehnter Innovationsansatz?
Im vorangehenden Beitrag der Serie «Xperts in Projektmanagement» haben wir eine Rückblende auf die fünf Schlüsselfaktoren im Projektmanagement gemacht. In diesem Beitrag widmen wir uns im Kern der agilen Projektmanagement-Methode, beleuchten den Begriff «agil» genauer und zeigen Ihnen auf, was es zu beachten gilt, damit agiles Projektmanagement greift.
Agiles Projektmanagement in aller Munde
Das agile Projektmanagement erfährt zurzeit regelrecht einen Hype. Auf den ersten Blick trifft das agile Projektmanagement den Nerv der heutigen Arbeitswelt, die durch raschen technologischen Wandel, fortschreitende Digitalisierung und durch Aufbrechen klassischer Unternehmensstrukturen geprägt ist. Im agilen Projektmanagement verfügt das Projektteam über eine hohe Toleranz bzgl. Umfang, Zeit, Qualität und Kosten. Es verlangt vom Projektteam eine hohe Partizipation und ermöglicht ihm hohe Handlungs- und Entscheidungsspielräume in der Art und Weise, wie es zum auszuliefernden Produkt kommt. Die Hierarchien in der agilen Projektorganisation sind im Gegensatz zum klassischen Projektmanagement flach, was zusätzlich zur Attraktivität der agilen Projektmanagement-Methode beiträgt. Wird agiles Projektmanagement aber auch richtig verstanden und umgesetzt?
Agil = flexibel?
Häufig wird ausser Acht gelassen, dass den agilen Projektmanagement-Methoden, wie zum Beispiel derjenigen von Scrum, ein definiertes Framework zugrunde liegt. Agil stellt somit keinen Freipass für einen frei zu strukturierenden und flexibel handzuhabenden Prozess dar, bei welchem beliebig das Vorgehen geändert und die Teammitglieder ausgewechselt werden können. Vielmehr bringt agil zum Ausdruck, auf verändernde Kundenbedürfnisse und Rahmenbedingungen schnell zu reagieren. Die kurzen Entwicklungszeiträume, die in der agilen Welt vorgesehen sind, geben dem Auftraggeber die Möglichkeit, Prioritäten und Anforderungen zeitnah und rasch zu korrigieren. Die Informations-, Austausch- und Entscheidungswege sind dabei nicht unstrukturiert und flexibel, sondern bewusst kurz gestaltet. Dies bedingt, das Projektteam möglichst autark und selbstbestimmt arbeiten zu lassen – immer mit dem Fokus auf das Ziel, das vorgängig gemeinsam vereinbart wurde.
Warum agiles Projektmanagement häufig scheitert
Nach wie vor haben viele Unternehmen Mühe, die agile Arbeitsweise richtig um- und einzusetzen. Folgende Gründe erklären, warum Unternehmen häufig in der Umsetzung agiler Projektmanagement-Methoden scheitern:
- Fehlende Unternehmenskultur: Der am häufigsten auftretende Fehler in der Umsetzung agiler Projektmanagement-Methoden liegt darin, dass sich neben dem klassischen Projektmanagement die Kultur für das agile nicht entwickeln kann. Die klassischen und agilen Projektmanagement-Ansätze müssen in einem Unternehmen koexistieren können. Hierbei kommt insbesondere dem Management eine zentrale Rolle zu: Soll agiles Projektmanagement erfolgreich im Unternehmen etabliert und gelebt werden, muss die agile Kultur durch das Management aktiv unterstützt und gefördert werden. Als Stolperstein stellt sich in der Praxis oftmals heraus, dass ein Team zwar nach dem agilen Ansatz arbeiten soll, ihm die dazu notwendigen Entscheidungs- und Handlungsspielräume aber nicht gewährt wird.
- Multi-Methoden-Ansätze: «Agile Wasserfälle» oder «Hybrid agile Methoden» sind hier als Schlagwörter zu nennen. Darunter ist die Kombination von agilen Projektmanagement-Methoden mit klassischen zu verstehen. Es kann sinnvoll und zielführend für ein Projekt sein, sich aus beiden Ansätzen zu bedienen. Die Idee, agil mit klassisch zu vereinen, ist jedoch komplexer, als sie auf den ersten Blick erscheint. Die Kombination der beiden Ansätze bedarf einer sorgfältigen Abstimmung der Methoden bzgl. Vorgehen und Auswahl der einzusetzenden Instrumente. Es gilt, einen Methodenkonflikt «klassisch – agil» zu vermeiden, um erfolgreich mit einer Kombination der beiden Methoden verfahren zu können.
- Fehlende Zeit und Geduld in der Einführung agiler Projektmanagement-Methoden: Misserfolge gehören wie Erfolge zum Arbeiten im agilen Projektmanagement dazu. Scheitert ein agiles Projektmanagement-Team, das gerade die agile Arbeitsweise erlernt, bei seinen ersten Iterationen, ist das normal. Bis zur Perfektion in der Anwendung agiler Arbeitsweisen braucht es Erfahrung und somit Zeit. Häufig wird den agilen Projektteams zu wenig Zeit eingeräumt, eine «agile Transformation» zu durchlaufen. Die agile Projektmanagement-Methode wird, aufgrund Ausbleiben des erwarteten Erfolgs, wieder abgelegt.
Agiles Projektmanagement ist weder einfach, noch flexibel. Es braucht neben dem richtigen Verständnis von agil auch die richtigen Rahmenbedingungen, sprich den Support durch das Management und die Kultur, wie auch Zeit und Geduld, um die Früchte der agilen Projektmanagement-Methode ernten zu können.
Wie sich agile Projektmanagement-Methoden mit klassischen erfolgreich vereinen lässt, werden wir in unserem nächsten und letzten Blogbeitrag im Rahmen der Serie «Xperts in Projektmanagement» beleuchten.
v.l.n.r.: Nicole Steiner (Consultant), Charlotte Bachmann (Senior Technical Consultant), Romy Schnyder (Projektleiter), Regula Roth (Consultant), Martina Auf der Maur (Mitarbeiterin Administration), Corinne Maurer (Partner)